Leben mit Migräne-Aura

Von Tanja Golob
Leben mit Migräne-Aura

Inhaltsverzeichnis

Beim ersten Mal trifft es einen wie ein Schock. Plötzlich, wie aus dem Nichts, verschlechtert sich das Sehvermögen. Zunächst denkt man, dass etwas im Auge ist und versucht es durch Reiben zu entfernen. Doch bald merkt man, dass etwas nicht stimmt. Es beginnt mit einem blinden Fleck, der sich allmählich ausbreitet. Dann erscheinen flimmernde Zacken, die größer werden und wild flackern. Diese Erscheinung nennt man Flimmerskotom. Es bildet sich entweder ein Kreis oder ein Halbkreis, je nach Lage des blinden Flecks. Für Betroffene ist es ein erschreckendes Erlebnis, vor allem weil sie keine Kontrolle darüber haben, was passiert. Mit der Zeit wird das Flimmerskotom größer und verschwindet schließlich aus dem Gesichtsfeld. Dieses Phänomen nennt man Aura, in diesem Fall visuelle Aura.

Was genau ist Migräne mit Aura?

Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die weltweit Millionen von Menschen betrifft. Besonders beängstigend für viele Betroffene ist die sogenannte Migräne-Aura, ein Symptomkomplex, der einer Migräneattacke vorausgehen kann. Genauer gesagt, ist die Aura ein neurologisches Phänomen, das bei einem Migräne-Anfall vor dem Schmerz auftritt.

Der Begriff "Aura" stammt von Aurora, der römischen Göttin der Morgenröte. Ähnlich wie die aufsteigende Sonne den Tag einleitet, kündigen Wahrnehmungsstörungen die bevorstehende Kopfschmerzphase an. Diese metaphorische Verbindung zur Göttin der Morgenröte veranschaulicht, wie diese frühen Symptome einen Migräneanfall ankündigen und Betroffenen als wertvolle Warnung dienen können.

Je nach Ausprägung der Aura können neben der visuellen Aura auch andere neurologische Symptome auftreten. Die häufigsten Symptome einer Aura sind visuelle Störungen wie Flimmersehen, Zickzack-Linien oder blinde Flecken im Gesichtsfeld. Manche Menschen erleben auch Phänomene wie Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen, Schwindel, Schwierigkeiten beim Sprechen oder eine veränderte Wahrnehmung von Geräuschen und Gerüchen. Diese Symptome können von wenigen Minuten bis zu einer Stunde andauern.

Es gibt aber auch Migränepatienten, bei denen der Kopfschmerz ausbleibt. Sie leiden dann „nur“ an Migräne mit Aura ohne Kopfschmerz. Beim ersten Mal kann die Intensität der Symptome und das Gefühl von Kontrollverlust überwältigend sein und Ängste bis hin zu Panikattacken auslösen. Daher ist es wichtig, bei neu auftretender Aura sofort einen Arzt aufzusuchen, um die Ursache abzuklären.



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Die psychologischen Auswirkungen der Migräne-Aura

Die Angst vor der Migräne-Aura ist ein ernstzunehmendes Problem. Viele Betroffene berichten von intensiven Ängsten und Panikgefühlen, sobald sie die ersten Anzeichen einer Aura bemerken. Diese Angst kann verschiedene Ursachen haben:

  • Unvorhersehbarkeit: Migräne-Attacken und deren Auren treten oft unerwartet auf, was ein Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts über den eigenen Körper auslösen kann.
  • Symptomintensität: Die visuellen und sensorischen Störungen sind oft sehr intensiv und können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Das Gefühl, plötzlich nicht mehr richtig sehen, sprechen oder lesen zu können, ist für viele extrem beängstigend.
  • Assoziation mit Schmerz: Die Aura wird oft als Vorbote eines schweren Migräneanfalls verstanden, der mit intensiven Schmerzen und weiteren Beeinträchtigungen verbunden ist. Die Erwartung dieser Schmerzen kann zusätzliche Angst auslösen.
  • Soziale Auswirkungen: Migräne-Auren können auch soziale Ängste verstärken. Man fürchtet sich davor, in der Öffentlichkeit eine Aura zu erleben, was zu peinlichen Situationen oder Missverständnissen führen kann.

Migräniker und ihre besonderen Stärken

Trotz der negativen Aspekte gibt es auch positive Seiten. Migränepatienten gelten als sehr aufmerksam und haben nachweislich eine bessere Auffassungsgabe. Sie begreifen nicht nur schneller, sondern finden auch rascher Lösungen für komplexe Probleme. Dank ihrer Fähigkeit, kreativ und effizient zu denken, sind sie für jede Gruppe eine wertvolle Bereicherung. Ihre besondere Denkweise trägt oft dazu bei, innovative Ansätze zu entwickeln und Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Es ist daher wohl kein Zufall, dass berühmte Persönlichkeiten wie Sigmund Freud, Vincent van Gogh, Marie Curie, Hildegard von Bingen, Charles Darwin und viele andere ebenfalls an Migräne litten.

Umgang mit der Angst

Um mit der Angst vor Migräne-Auren umzugehen, gibt es verschiedene Ansätze. Hier sind einige Strategien, die helfen können:

  • Wissen und Aufklärung: Ein besseres Verständnis der Migräne-Aura und ihrer Mechanismen kann helfen, die Angst zu reduzieren. Es gibt viele Selbsthilfegruppen, auch online.
  • Stressmanagement: Stress ist ein häufiger Auslöser für Migräne und Auren. Daher ist es wichtig, Stress zu reduzieren. Mehr dazu findest du in meinem Blog.
  • Trigger vermeiden: Seid aufmerksam und versucht, eure persönlichen Trigger zu identifizieren. Dies können bestimmte Lebensmittel, Schlafmangel, Umweltfaktoren oder sogar einfache Dinge wie ein falsches Kissen oder ein falsch eingestellter Bildschirm sein.
  • Ernährung: Achtet auf eine ausgewogene Ernährung. Lasst keine Mahlzeiten aus. Eine Schwankung des Blutzuckerspiegels kann eine Attacke auslösen. Auch solltet ihr immer darauf achten, genügend zu trinken.
  • Medizinische Unterstützung: Bei Problemen in der Halswirbelsäule empfiehlt es sich, einen Arzt oder Physiotherapeuten aufzusuchen, denn auch Verspannungen in der Halswirbelsäule können einen Migräneanfall triggern. Wenn man viel an einem Bildschirm arbeitet, empfiehlt es sich auch, eine Blaulichtfilterbrille zuzulegen oder das Blaulicht des Bildschirms zu reduzieren, um die Augen zu entlasten und das Risiko von Migräneanfällen zu verringern.
  • Medikamentöse Behandlung: Es gibt wirksame Medikamente zur Vorbeugung und Behandlung von Migräne, die auch die Häufigkeit und Intensität der Auren reduzieren können. Sprecht mit eurem Arzt über mögliche Therapiemöglichkeiten.
  • Psychotherapeutische Unterstützung: Bei starker Angst kann eine psychotherapeutische Behandlung helfen, die Ängste zu bewältigen und einen besseren Umgang mit der Erkrankung zu finden.

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Fazit

Migräne mit Aura ist eine schwierige und oft angsteinflößende Krankheit, die das Leben der Betroffenen stark beeinflussen kann. Die Angst vor den Auren kann den Alltag stark beeinträchtigen. Doch durch besseres Verständnis der Symptome und deren Auslöser sowie durch gezielte Maßnahmen können die Auswirkungen deutlich verringert werden. Aufklärung, Stressabbau und passende Behandlungen sind dabei sehr wichtig. Es ist auch wichtig, die seelischen und sozialen Aspekte der Krankheit zu beachten und sich nicht zu scheuen, Hilfe anzunehmen. Über die eigenen Erfahrungen zu sprechen und Unterstützung zu suchen, kann helfen, die Angst vor der Migräne-Aura zu überwinden.


Manchen Betroffenen hat es geholfen, sich klarzumachen, dass es „nur“ Migräne mit Aura ist. Wenn man zusätzlich Angst vor der Aura hat, hat man nicht nur Migräne mit Aura, sondern auch ständig Angst – aber die Migräne mit Aura hat man trotzdem noch!